Das rheinland-pfälzische Handwerk startet mit neuem Schwung ins Frühjahr – so der Tenor des aktuellen Konjunkturberichtes der Handwerkskammer Koblenz für die vier rheinland-pfälzischen Handwerkskammern in Koblenz, Kaiserslautern, Mainz und Trier. Die Befragung von rund 6.000 Handwerksbetrieben in Rheinland-Pfalz zeigt im ersten Quartal 2006 erste Zeichen einer Konjunkturerholung.
Das Geschäftsklima stellt sich im Frühjahr 2006 deutlich besser dar als im Vorjahr. Derzeit sind 61% der Befragten zufrieden mit ihrer Geschäftslage – das sind 12 Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr. Zuversicht äußert sich auch in den Prognosen der Handwerker. Für das Sommerquartal hoffen 72% auf gute bzw. zufrieden stellende Geschäfte, was gegenüber dem Vorjahr einer Steigerung von 13 Prozentpunkten entspricht. Eine so positive Einschätzung der wirtschaftlichen Situation hat es seit 2001 im rheinland-pfälzischen Handwerk nicht mehr gegeben. Der Optimismus ist jedoch nicht in allen Branchen gleich stark ausgeprägt. Das Gesundheitsgewerbe bildet wie schon im letzten Jahr das Schlusslicht bei der Beurteilung des Geschäftsklimas. Hier melden nur 47% eine gute bzw. zufrieden stellende Geschäftslage, was allerdings gegenüber dem Vorjahreswert von 23% eine wesentliche Verbesserung darstellt. Spitzenreiter in der Frühjahrsumfrage 2006 sind das Nahrungsmittel- und das Ausbaugewerbe. Von den befragten Ausbauhandwerkern schätzen 66% ihre wirtschaftliche Situation positiv ein, im Nahrungsmittelgewerbe liegt der Anteil bei 67%.
Die aufgehellte Stimmung im Handwerk resultiert sowohl aus den Hoffnungen der Unternehmer auf verbesserte Rahmenbedingungen und eine berechenbarere Politik als auch aus einer Belebung der Nachfrage. Während vor einem Jahr nur knapp die Hälfte der Befragten (47%) einen konstanten oder gestiegenen Auftragsbestand gegenüber dem Vorquartal verzeichnete, sind es inzwischen 60%. Ebenso hat sich die Auftragsreichweite von 4,9 Wochen im vergangenen Frühjahr auf inzwischen 5,2 Wochen leicht erhöht. Die Auslastung der betrieblichen Kapazitäten spiegelt ebenfalls das hoffnungsvolle Stimmungsbild im rheinland-pfälzischen Handwerk wider. In der aktuellen Frühjahrsumfrage geben 42% der Befragten eine Betriebsauslastung von mindestens 70% an, vor einem Jahr waren es 38%. Der Spitzenwert der letzten Jahre wurde im Frühjahr 2000 mit 62% der Befragten erreicht. Am besten ausgelastet sind zurzeit die Handwerke für den gewerblichen Bedarf sowie die Betriebe des Ausbaugewerbes, von denen 51% bzw. 49% einen Auslastungsgrad zwischen 70% und 100% verzeichnen.
Den schlechtesten Nutzungsgrad erzielen die Betriebe des Gesundheitsgewerbes und der personenbezogenen Dienstleistungen. Hier geben nur 23% bzw. 26% der Unternehmen eine gute Auslastung an. Auch die bisherige Umsatzentwicklung sorgt für Zufriedenheit bei den Handwerksbetrieben. 47% der Befragten melden höhere oder zumindest gleiche Einnahmen gegenüber dem Vorquartal, vor einem Jahr konnten dies nur 37% der Unternehmen von sich behaupten.
Trotz positiver konjunktureller Impulse ist auf dem Arbeitsmarkt im rheinland-pfälzischen Handwerk noch keine Entspannung zu spüren. Zwar stellt sich die Beschäftigungsentwicklung im Vergleich zum Vorjahr etwas besser dar, insgesamt ergibt sich jedoch auch in diesem Frühjahr ein negativer Beschäftigungssaldo. 86% der befragten Betriebe nahmen in den ersten drei Monaten dieses Jahres keine personellen Veränderungen vor (Vorjahr: 84%), 4% stellten zusätzliche Mitarbeiter ein (Vorjahr: 3%) und 10% bauten Stellen ab (Vorjahr: 13%). Neben arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen ist die mangelnde Einstellungsbereitschaft im Handwerk in erster Linie auf die immer noch mäßige Auslastung der Betriebe zurückzuführen.
Weiterhin angespannt zeigt sich auch die Preisentwicklung im Handwerk. Auf dem Beschaffungsmarkt herrscht nach wie vor großer Preisdruck. 55% der Handwerksbetriebe mussten im ersten Quartal gestiegene Einkaufspreise hinnehmen (Vorjahr: 56%) und wie im Vorjahr konnten nur 12% höhere Verkaufspreise bei ihren Kunden durchsetzen. Allerdings konnte die Preisspirale bei den Verkaufspreisen nach unten etwas gedrosselt werden. In der aktuellen Umfrage geben 18% der Befragten an, ihre Absatzpreise gegenüber dem Vorquartal gesenkt zu haben, während im vergangenen Frühjahr noch 27% Preisreduzierungen vornehmen mussten.
Positive Signale sind beim Investitionsverhalten der Betriebe erkennbar. 55% der Handwerksunternehmen haben ihre Investitionsausgaben im Vergleich zum Vorquartal erhöht oder auf stabilem Niveau gehalten, im Vorjahr war dies nur bei 46% der Fall. Das gesamte Investitionsvolumen der Betriebe ist um knapp 5% gestiegen, der Anteil investierender Betriebe hat sich von 24% im vergangenen Jahr auf jetzt 27% erhöht.
Die Aussichten für die Handwerkskonjunktur in Rheinland-Pfalz hellen sich auf, nach langen Jahren der Rezession und Stagnation gibt es erste Anzeichen für eine Trendumkehr. Die Frage der Nachhaltigkeit eines möglichen Aufschwungs ist allerdings noch mit vielen Unbekannten verbunden. Das Handwerk als stark von der Binnenkonjunktur abhängiger Wirtschaftszweig ist darauf angewiesen, dass die Bundesregierung mit ihrer Reformpolitik die richtigen Weichen stellt und die wirtschaftspolitischen Voraussetzungen für Wachstum schafft. Wichtig sind vertrauensbildende Maßnahmen, um die Verbraucherstimmung und damit das Konsumklima zu verbessern. Zurzeit scheint der Zug in die richtige Richtung zu fahren. Allerdings besteht das Risiko eines Rückschlags, da das Reformpaket der Bundesregierung mit Maßnahmen wie der geplanten Mehrwertsteuererhöhung oder Erhöhung der Rentenbeiträge die Konsumbereitschaft einschränken könnte.
Um so wichtiger ist es, die Qualität und Innovationskraft des Handwerks zu erhalten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind Qualifikation und Weiterbildung im Handwerk unerlässlich. Dabei stehen die rheinland-pfälzischen Handwerkskammern ihren Mitgliedsbetrieben mit einem umfassenden Beratungs- und Weiterbildungsangebot sowie mit umfangreichen, kostenlosen Dienstleistungen zur Seite.
Die Stimmungslage im Handwerk entspricht im nördlichen Rheinland-Pfalz weitgehend dem Landesdurchschnitt. Nach der Befragung der Handwerkskammer Koblenz unter 2.700 Mitgliedsbetrieben schätzen 62% der Betriebsinhaber ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend ein. Im Vorjahr waren es 52%. "Die Stimmung bessert sich deutlich, die Aussichten werden durch die Handwerker positiv bewertet", stellen HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag und HwK-Hauptgeschäftsführer Dr. h.c. mult. Karl-Jürgen Wilbert fest. "Das ist bereits in den zurückliegenden Wochen im Austausch mit dem Handwerk deutlich geworden, die Zahlen des Konjunkturberichtes bestätigen das jetzt." Die Prognosewerte für die nächsten drei Monate liegen mit 72% auf Landesniveau. Die Stimmungslage in den einzelnen Landkreisen unterliegt einer großen Bandbreite, ist aber grundsätzlich positiv zu bewerten.
Das beste Geschäftsklima melden die Betriebe im Kreis Neuwied – hier äußern sich 73% positiv über ihre derzeitige wirtschaftliche Situation. Den schlechtesten Wert weist der Rhein-Lahn-Kreis auf, wo 45% der Befragten mit ihrer Geschäftslage zufrieden sind. Bei der Kapazitätsauslastung erreichen die Handwerksbetriebe im nördlichen Landesteil ebenfalls den Durchschnittswert. 42% der Unternehmer geben an, zu mindestens 70% ausgelastet zu sein. Spitzenreiter ist hier die Stadt Koblenz, wo 62% eine zufrieden stellende Betriebsauslastung melden, Schlusslicht ist der Kreis Birkenfeld mit 23%. Beim Auftragsvorlauf liegen die Betriebe im nördlichen Rheinland-Pfalz mit 5,3 Wochen knapp über dem Landesdurchschnitt, wobei Simmern mit 6,1 Wochen den höchsten und Bad Kreuznach mit 4,0 Wochen den niedrigsten Wert aufweist.
Auch die Umsatzentwicklung der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Koblenz weicht kaum von den Mittelwerten im Land ab. Zurückhaltender ist dagegen das Investitionsverhalten. Der Anteil investierender Unternehmen liegt mit 26% nur marginal unter dem Landesdurchschnitt von 27%, allerdings betragen die durchschnittlichen Investitionen pro Betrieb nur 14.000 EUR. "Die Handwerkskammer Koblenz steht allen Unternehmen mit einem umfangreichen Service zur Verfügung und leistet so einen effektiven Beitrag zur Stabilisierung und weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Handwerks im nördlichen Rheinland-Pfalz", macht die HwK-Spitze deutlich und fordert alle selbstständigen Handwerker auf, von dem diesem breiten Leistungsspektrum Gebrauch zu machen.