Bis in das Innere der Tiefkühlpizza

WIPOTEC baut intelligente Wäge- und Inspektionssysteme für die Industrie.

Von Pizza bis Paket: Theo Düppre hat sich in Kaiserslautern auf Anlagen spezialisiert, die Produkte nicht nur in Sekundenbruchteilen wiegen, sondern auch kontrollieren. 

Wenn er über die Philosophie seines Unternehmens spricht, zitiert Theo Düppre gerne einen großen Denker. „Das Genie Albert Einstein hat einmal gesagt, dass man eine wirklich gute Idee daran erkennt, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen schien.“ Durchlaufende Waren wiegen? Im Bruchteil einer Sekunde? Hun­derte pro Minute? Auf das Milligramm genau? In den 1980er-Jahren klang das nach Utopie. Zumindest für die meisten – nicht allerdings für Theo Düppre: „Ich bin jemand, den Pessimismus eher anspornt. Statt klein beizugeben sage ich immer: Jetzt erst recht.“ Er fand die Idee wirklich gut – und so sind heute rund 20.000 Waagen im Einsatz, die er mit seinem Unternehmen WIPOTEC entwickelt hat: In der Lebens­mittelproduktion wiegen sie in atemberaubender 

Geschwindigkeit Käsepackungen und Tiefkühlpizzen – und scannen gleichzeitig, ob die Schweißnähte dicht sind und die Salamischeiben richtig liegen. Bei Joghurt­bechern stellen die Hightech-Anlagen, etwa so groß wie Getränkeautomaten, die korrekte Füllhöhe fest, bei Nussschokolade, ob genügend Nüsse enthalten sind. In Post-Sortierzentren ermitteln sie das Gewicht jedes einzelnen Pakets – zugleich kontrollieren sie das Porto und messen Länge, Breite, Höhe, um Transporter und Flugzeuge in der Logistik effizient auslasten zu können.

Die Idee dazu entstand vor mehr als 30 Jahren: „In einer Kneipe in Kaiserslautern kam ich mit einem Hersteller von Lichtorgeln ins Gespräch“, erinnert sich Theo Düppre noch genau. „Der sagte mir bei einem Bier, er brauche eine Waage, die direkt das Porto für einen Brief anzeigt, nicht das Gewicht. Und ich dachte mir: Das ist ja wohl machbar.“ Düppre, zu der Zeit als Mitarbeiter am Lehrstuhl für optische Nachrichtentechnik der Universität Kaiserslautern tätig, nahm die Herausforderung an – und entwickelte die Elektronik für eine solche Briefwaage. In einem lokalen Schreibwarengeschäft kaufte er eine Standardwaage, ersetzte den Zeiger durch einen Film, codierte ihn – und präsentierte dem Lichtorgelfabrikanten nach wenigen Wochen den ersten Prototypen. Der kam so gut an, dass er später in Serie ging und 12.000 Mal verkauft wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste Theo Düppre, dass er einen gewissen Unternehmergeist in sich trägt: „Das war ein innerer Zwang, es ging halt nicht anders“, sagt er rückblickend. In dieser Zeit traf Düppre auch seinen Mitgründer Udo Wagner, der Azubi an der TU Kaiserslautern war.

Wie schon Dante sagte: "Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt."

Theo Düppre
Geschäftsführer WIPOTEC

Um seine Ideen umzusetzen, scheute der findige Elektroingenieur keine Hürde. Weitere Laborkapazitäten waren nötig? Kein Problem: „Ich wollte zur Hannover Messe unbedingt ein fertiges Produkt präsentieren. Es musste schnell gehen, ich brauchte Platz – also machte ich kurzerhand im Einvernehmen mit meiner Frau unser Schlafzimmer zum Messlabor.“ Mit dem Start-up WIPOTEC, das er schließlich 1988 mit einem Geschäftspartner gründet, zieht er zunächst in Räume über einem Fitness-Studio. Wo sie allerdings nicht lange bleiben, denn mit der neuen Firma geht es steil bergauf: Nach der Messe kommen erste Aufträge aus der Industrie, schnell werden die Räume zu klein – nur vier Jahre nach der Gründung hat WIPOTEC  bereits 30 Mitarbeiter und baut im Industriegebiet ein 1.200 Quadratmeter großes Gebäude, das später immer wieder erweitert werden muss.

Und auch die Ideen gehen Theo Düppre nie aus. „Irgendwann habe ich mir gedacht: Wenn die Produkte beim Wiegen ohnehin durch die Anlage laufen, kann sie auch noch mehr Aufgaben übernehmen.“ Und so entwickelt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von WIPOTEC, gefördert mit Zuschüssen im Rahmen der Technologieförderung von der ISB, einen Röntgenscanner: Er kann Verpackungen auf Schäden untersuchen, die Füllhöhe kontrollieren, die Salami­scheiben auf der Pizza zählen und Lochkäse gewichtsgenau portionieren. Ist etwas nicht korrekt, wird die einzelne Packung automatisch auf eine „Seiten­straße“ der Anlage befördert und aussortiert. Vor allem aber kann der Scanner Verunreinigungen im Inneren von Verpackungen erkennen, etwa Metallstückchen, Glas, Knochen oder Steine – das schützt den Verbraucher und zugleich die Hersteller vor teuren Rückrufaktionen. „Mit Unterstützung der ISB haben wir es geschafft, neben der Wägetechnologie ein zweites Standbein aufzubauen, das heute sehr erfolgreich ist“, sagt der Firmengründer. „Die Förderung war für uns enorm wichtig und hilfreich.“ Für die Entwicklung der Fremdkörper-Detektion gewinnt das Unternehmen 2014 die Technologieprämie SUCCESS, die die ISB jährlich für Innovationen aus Rheinland-Pfalz vergibt. 

Heute ist WIPOTEC Marktführer im Bereich der dynamischen Waagen, rund 1.000 Menschen arbeiten für das Unternehmen, davon 650 in Kaiserslautern – für Fertigung, Vertrieb, Planung, Forschung und Entwicklung stehen dort mittlerweile 35.000 Quadratmeter zur Verfügung. Neue Herausforderungen? Wirklich gute Ideen, die umgesetzt werden sollten? Gibt es immer. Aktuell arbeitet die Forschungs- und Entwicklungsabteilung an Anlagen für den Pharmabereich, mit denen Medikamentenverpackungen manipula­tions- und fälschungssicher versiegelt werden können. „Stillstand kommt bei uns einfach nicht vor“, sagt Theo Düppre. Und fasst die Essenz aus Albert Einsteins Worten mit seinem eigenen Motto zusammen: „Geht nicht? Gibt’s nicht!“ Nicht bei WIPOTEC.