Der gute Ton
Neue Ideen für ein altes Handwerk
Keramikspezialist Rene Rasbach aus dem Westerwald baut nicht nur Kaminöfen, sondern auch Treppen.
Die Stufen schweben frei im Raum, so scheint es zumindest. Nur an einer Seite an der Wand befestigt, führen sie stilvoll in den ersten Stock – nutzbar zwar, vor allem aber Designobjekte, die den gesamten Raum aufwerten. Seit gut drei Jahren wird die Treppe genutzt, noch ist sie ein Prototyp: „Ich habe sehr lange daran gearbeitet, habe immer wieder neue Methoden ausprobiert, bis ich zufrieden war“, verrät Rene Rasbach, der die Treppe für sein Privathaus in Handarbeit gebaut hat und sie so auf Tauglichkeit prüfen konnte. „Das hat so lange gedauert, dass wir monatelang über eine provisorische Eisenkonstruktion nach oben gehen mussten!“
Rasbach ist 45 Jahre alt und Keramik-Spezialist. Im Jahr 2000 hat er sich in Herschbach im Westerwald selbstständig gemacht – im so genannten Kannebäckerland, in dem große Tonvorkommen zu finden sind und das für die Keramikindustrie bekannt ist. Mit seiner Firma Kaminofenkeramik hat sich Rasbach darauf spezialisiert, Außenteile für Kaminöfen zu fertigen, auch das eine oder andere Fassadenprojekt in Keramik hat er gemeinsam mit Architekten schon verwirklicht. Dabei entwickelt er mit seinem kleinen Team nicht nur ästhetische Formen, sondern testet auch immer neue Farben und optische Effekte. „Besonders gut läuft bei uns zurzeit Grafit, eine metallisch schimmernde Oberfläche“, sagt er. Wie er das hinbekommt, verrät er nicht – Betriebsgeheimnis. Nur soviel: Geplant war der Effekt nicht, sondern ist bei einem Versuch durch Zufall entstanden. „Das war natürlich Glück, von dem wir jetzt sehr profitieren.“
Eigentlich hatten meine Frau und ich nur überlegt, was für eine Art von Treppe wir in unser neues Haus einbauen könnten. Holzstufen wollte ich nicht – da hat meine Frau gesagt: Geht nicht Keramik? Und ich habe gesagt: Klar, warum nicht?
Einfach sei es auf dem Keramikmarkt heute nicht mehr, erzählt Rene Rasbach. Generell nehme der Trend zu Kaminöfen in Privathäusern ab, auch wegen der immer energiesparenderen Bauweise und eigener Stromproduktion etwa durch Solaranlagen: „Da spielt das Heizen mit einem Kaminofen einfach keine so große Rolle mehr.“ Außerdem machen andere Materialien der Keramik zunehmend Konkurrenz – Kamine aus Stein sind stark im Trend, ebenso aus Stahl. „Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir kreativ sind und optische Anreize liefern, warum die Leute sich gerade für Keramik entscheiden sollten.“
Und deshalb ist es auch so wichtig, ganz neu zu denken – etwa in Form von Treppenstufen. „Eigentlich hatten meine Frau und ich nur überlegt, was für eine Art von Treppe wir in unser neues Haus einbauen könnten. Holzstufen wollte ich nicht – da hat meine Frau gesagt: Geht nicht Keramik? Und ich habe gesagt: Klar, warum nicht?“ Allerdings hatte Rasbachs Frau nicht damit gerechnet, wie lange die Produktion dauern würde – ein ganzes Jahr lang arbeitete ihr Mann nach Geschäftsschluss an Mustern und Prototypen, testete Produktionsmethoden und verwarf sie wieder.
Allein schon die Gussformen mussten viel größer sein als bei Kaminteilen – mindestens zwei Meter, eine echte Herausforderung. Doch heute sind Rasbach und seine Frau glücklich über ihr zeitaufwändiges Experiment. Einerseits, weil sie eine einzigartige Treppe in ihrem Haus haben, die im Übrigen deutlich pflegeleichter ist als eine aus herkömmlichen Materialien. Und zweitens, weil sie aus diesen ersten Experimenten die Basis für ein neues Geschäftsmodell schaffen konnten, für das die Entwicklung eines industriellen Produktionsverfahrens erforderlich ist. Für das Verfahren zur Entwicklung massentauglicher Formbauelemente und Glasuren hat die ISB einen Zuschuss aus der Technologieförderung InnoTop zugesagt. Rene Rasbach hat noch viele weitere Ideen: „Ich kann mir gut vorstellen, Wärme in den Treppenstufen zu speichern, die dem Haus dann später zur Verfügung steht.“ Wie das genau geht? Das ist eine andere Geschichte …