PL berät: Vergabefragen beim Ausbau der digitalen Ausstattung an Schulen

Sabine Schweitzer ist Leiterin der Abteilung 4 – Zentrale Dienste und IT-Dienste und Juristin des Pädagogischen Landesinstituts und dabei u.a. zuständig für alle vergaberechtlichen Fragestellungen. Tobias Lindner ist Referatskoordinator für schulische IT-Dienstleistungen beim Pädagogischen Landesinstitut.


Bitte beachten Sie, dass es sich bei den folgenden Angaben um ein reines Informationsangebot handelt und die Betrachtung von Einzelfällen, ggf. durch einen Fachanwalt, nicht ersetzen kann. 


Wir sind ein öffentlicher Träger und möchten uns an den Rahmenverträgen des Landes bedienen. Ist dies förderschädlich?

Die Beschaffung aus den Rahmenvereinbarungen des LDI - hier relevant sind insbesondere die Lose 4 (Notebooks) sowie 9 (Tablets) - ist nicht förderschädlich mit dem Argument, dass die Verträge bereits vor dem Stichtag ausgeschrieben und abgeschlossen wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Einzelabruf den maßgeblichen Vertragsschluss zwischen dem Träger und dem Rahmenvertragspartner darstellt und der liegt nach dem Stichtag. Die Beschaffung aus den Rahmenvereinbarungen des Landes sind mithin nicht förderschädlich. Beide Verträge haben aktuell eine Laufzeit bis zum 31.05.2022.


Wir sind eine Privatschule – müssen wir uns ebenfalls an das Vergaberecht halten? Wenn ja, wo liegt der Schwellenwert?

Davon ausgehend, dass die Privatschule staatlich anerkannt ist, ist es so, dass auch die freien und kirchlichen Träger öffentliche Auftraggeber und somit für die vergaberechtskonforme Beschaffung verantwortlich sind. Die aktuell im Rahmen des Digitalpakts anstehenden Beschaffungen sind öffentliche Aufträge, d.h. entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen über die Lieferung von Waren. Sie sind daher grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben. 
Je nach Höhe des Auftragswertes ist grundsätzlich eine Freihandvergabe ein förmliches nationales oder europaweites Vergabeverfahren durchzuführen. 
 

Ich bin ein privater Träger. Darf ich die Rahmenverträge ebenfalls nutzen?

Die Rahmenverträge des PL stehen staatlich anerkannten Schulen inkl. Kollegs bzw. deren Schulträgern vollumfänglich zur Verfügung. Die Rahmenverträge des LDI und des MdI beinhalten keinen Zugriff durch private Schulträger.
In diesem Fall können Sie sich an die jeweiligen Anbieter wenden, müssen aber unter Umständen weitere Vergleichsangebote einholen bzw. bei entsprechend hohem Volumen eine eigene Ausschreibung durchführen.
Bei Einzelfallfragen dazu, können Antragsteller sich auch jederzeit an mich wenden (tobias.lindner@pl.rlp.de)


Welche Wertgrenzen gelten für die Auftragsvergaben nach VOL und VOB oder sind die die Grenzen laut Veröffentlichung des Ministeriums für Wirtschaft vom 17. Juli 2019 auch hier anzuwenden?

Grundsätzlich gelten in RLP die Wertgrenzen wie im o.g. Schreiben erwähnt. 
Um den direkten Folgen der Pandemie für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz entgegenzuwirken, wurden die Auftragswertgrenzen für weniger förmliche Vergabeverfahren temporär angehoben. Die neuen Wertgrenzen gelten vorerst bis zum 31.12.2021.

Die Regelungen, die als einheitliche Richtlinie im Sinne des § 55 Abs. 2 LHO sowie als Grundsätze und Richtlinien im Sinne des § 22 GemHVO seit dem 1.07.2020 gelten, haben vor gegebenenfalls entgegenstehenden Regelungen in Verwaltungsvorschriften oder Rundschreiben Vorrang. Sie gelten zudem gleichermaßen für Zuwendungsempfänger (§§ 23, 44 LHO), die die VOB/A und VOL/A nach den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen und Festlegungen anzuwenden haben.

Durch das Rundschreiben sind insbesondere die Grenzwerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben, sowohl im Bereich der VOB/A, als auch im Bereich der VOL/A modifiziert worden. Im Einzelnen gelten aktuell noch die folgenden erhöhten Grenzwerte:

Für Bauleistungen nach VOB/A kann die Verfahrensart Beschränkte Ausschreibung nun bis zu einem geschätzten Auftragswert (ohne Umsatzsteuer) in Höhe von 1.000.000 EUR gewählt werden. Bislang galten hier 200.000 EUR.
Die Freihändige Vergabe kann bei Bauleistungen bis zu einem Auftragswert von 100.000 EUR als Verfahrensart gewählt werden, bislang lag der Grenzwert bei 40.000 EUR

Bei Liefer- und Dienstleistungen nach VOL/A galt bislang eine Obergrenze von 80.000 EUR, die nun auf 100.000 EUR erhöht wurde.
Hinsichtlich der Freihändigen Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen wurde der Grenzwert ebenfalls auf 100.000 EUR erhöht, sodass Auftraggeber im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen bis 100.000 EUR frei zwischen der Beschränkten Ausschreibung und der Freihändigen Vergabe wählen können. Bei der Freihändigen Vergabe lag der Grenzwert im VOL/A Bereich zuvor bei 40.000 EUR.
Sonstige Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bleiben dabei unberührt. Sowohl bei der Beschränkten Ausschreibung als auch bei der Freihändigen Vergabe ist außerdem weiterhin vor Aufforderung zur Angebotsabgabe die generelle Eignung der Unternehmen zu prüfen. Dabei wird darauf verwiesen, dass zum Nachweis der Eignung in der Regel Eigenerklärungen der Unternehmen als Nachweise genügen. Sämtliche Regelungen für Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte bleiben unverändert.


An einer unserer Schulen soll im Rahmen des DigitalPakt Schule das WLAN deutlich verbessert werden. Uns liegt das Angebot einer Firma vor, das knapp über 5.000 Euro liegt. Da diese Firma bereits auch die Ausstattung der anderen Schulen mit HotSpots übernommen hat, möchten wir gerne die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen fortsetzen. Könnten wir diese Firma beauftragen oder müssen wir Vergleichsangebote einholen? 

Bei diesem Auftragswert wäre es nach haushaltsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich geboten, mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen. Dies könnte vorliegend als entbehrlich angesehen werden, weil der Aufwand für eine Wettbewerbseröffnung höher wäre als der zu erwartende Vorteil. Außerdem hat die bereits eingesetzte Firma durch die langjährige Zusammenarbeit Vorkenntnisse der Örtlichkeiten, die ein anderer Auftragnehmer zuerst erheben müsste, was einen zusätzlichen Aufwand und damit ggf. eine Verteuerung der Leistung bedeuten könnte. Im Ergebnis kann die Firma beauftragt werden, es sind in einem Vermerk jedoch zwingend die genauen Gründe festzuhalten, weshalb von einer Wettbewerbseröffnung in diesem konkreten Fall abgesehen werden durfte.


Kann eine direkte Vergabe im DigitalPakt Schule damit rechtfertigt werden, dass es sich um eine Coronamaßnahme handelt, diese unmittelbar in einem Zusammenhang steht und deren Eindämmung fördert (Trennung von Klassen, teilweiser Online-Unterricht etc., siehe Rundschreiben des MWVLW vom 29. Juni 2020)?

Eine Direktvergabe zur Eindämmung der Coronapandemie könnte zulässig sein, weil sie äußerst dringlich ist, keinen Aufschub duldet und andernfalls gravierende Nachteile/Gefahren drohen. An das Kriterium der Dringlichkeit werden allerdings sehr hohe Anforderungen gestellt, die im Einzelfall sorgfältig geprüft werden müssen.


Wir möchten an drei unserer Schulen LAN und WLAN weiter ausbauen bzw. erneuern. Laut Angebot kosten diese Maßnahmen je Schule 35.000 Euro und wir würden diese gerne jeweils freihändig vergeben. Können wir bei der Ausschreibung die jeweiligen Schulen als getrennte Maßnahmen betrachten?

In der Sache handelt es sich um einen Auftrag des einen Auftraggebers (Schulträger), der in seinem Gebiet an 3 Schulen etwa gleiche Leistungen vergeben möchte. Klassisch sind das drei Lose eines Auftrags. 
Da eine Freihandvergabe bis zum 31.12.2021 noch bis 100.000 € netto möglich ist, könnte ein entsprechendes Verfahren bis dahin noch begonnen werden, wenn die o.g. 35.000 € der Bruttoauftragswert ist. Danach wäre ggf. ein nationales, förmliches Vergabeverfahren durchzuführen, wenn die Vergabeerleichterungen nicht verlängert werden. 


Wir möchten den Rahmenvertrag des Landes für den Aufbau von WLAN an unseren Schulen nutzen. Sind alle darin enthaltenen Maßnahmen auch förderfähig im Rahmen des DigitalPakt Schule?

Zeitlich: Wegen des Zeitmoments siehe Antwort zu Frage 1. Die Nutzung von Rahmenvereinbarungen des Landes ist grundsätzlich nicht förderschädlich.
Inhaltlich: Bezüglich der Förderfähigkeit der einzelnen Maßnahmen sind die Förderrichtlinien genau zu beachten.
Es ist möglich, dass über den Rahmenvertrag Leistungen bezogen werden können, die jedoch von der Förderfähigkeit nicht umfasst sind. Dies ist im Einzelfall zu prüfen und kann nicht pauschal beantwortet werden. 


Wo finde ich Informationen zu bestehenden Rahmenverträgen?

Grundsätzlich stehen Ihnen verschiedene Rahmenverträge zur Verfügung.
Diese werden durch unterschiedliche Stellen ausgeschrieben und haben somit unterschiedliche Zugriffsberechtigungen.
Eine Übersicht über die bestehenden Rahmenverträge, auf die Sie zugreifen können, finden Sie hier: https://bildungsnetz.bildung-rp.de/schulische-hard-und-software/ausschreibungen-und-rahmenvertraege-in-rlp.html Die Rahmenverträge sind dort nach Vergabestelle gelistet (MdI, PL, LDI).  Zu allen Verträgen sind die Bestandteile und Ansprechpartner hinterlegt.


Wir möchten eine Inhouse-Vergabe an unsere 100%ige Tochter machen. Können wir mit dieser die anfallenden Material- und Personalkosten abrechnen?

Eine Inhouse-Vergabe an eine 100 %ige Tochtergesellschaft unterfällt wegen der beteiligten Rechtspersönlichkeiten nicht dem Vergaberecht (Voraussetzung wäre ein entgeltlicher Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen der freien Wirtschaft). 
Die Abrechnung der Leistungen zwischen den beiden Stellen kann intern entschieden werden. Oftmals – insbesondere, wenn eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt ist - wird aus Gründen der Transparenz genau erfasst, welche Material- und Personalkosten angefallen sind und es kann ein finanzieller Ausgleich zwischen den Stellen erfolgen. 


Muss ich die Rahmenverträge nutzen oder kann ich auch auf andere Anbieter zurückgreifen?

Der Sinn eines Rahmenvertrages ist die möglichst wirtschaftliche Beschaffung.
Die Rahmenverträge des Landes werden meist europaweit ausgeschrieben und erzielen gute Konditionen. Daher sollen Sie immer zunächst prüfen, ob eine wirtschaftliche Beschaffung über einen Rahmenvertrag möglich ist. Neben den erzielten Konditionen erfüllen Rahmenverträge auch die Bedingungen des Vergaberechts bei Beschaffungen. Eine eigene Ausschreibung oder Vergleichsangebote entfallen somit und ersparen dadurch diesen Aufwand.,

Die Existenz von Rahmenverträgen zwingt Sie jedoch nicht dazu, ausschließlich diese Produkte zu nutzen. So können pädagogisch oder technisch begründete Bedarfe bestehen, für die es keinen passenden Rahmenvertrag gibt, beispielsweise die Anschaffung von interaktiven Displays als Ergänzung zu bereits bestehenden Systemen oder bei pädagogisch begründeter Auswahl.
In diesem Fall können Sie jederzeit abweichend von den Rahmenverträgen beschaffen, müssen dann aber die Bedingungen des Vergaberechtes einhalten (z.B. Begründen der Beschaffung, Vergleichsangebote, evtl. eigene Ausschreibung). Organisatorische oder preisliche Gründe können ebenfalls dazu führen, dass Anbieter genutzt werden können, die nicht Rahmenvertragspartner sind. Hier ist immer die Begründung der Beschaffung und gegebenenfalls eine Einzelbetrachtung notwendig.
 

KONTAKT

Beratung DigitalPakt Schule
06131 6172-1234