Aufstehen nach einer Katastrophe
Neu beginnen – und wieder an alte Erfolge anknüpfen: Das ist dem Chemiespezialisten ACC BEKU GmbH aus Edenkoben gelungen.
Die alte Zeitrechnung endet an einem Mittwoch im Februar 2017. Es ist noch dunkel, die Frühschicht hat gerade begonnen, da bricht ein Feuer in einer Produktionshalle aus. Die Untersuchung wird später eine Verpuffung als Ursache ergeben. Gebäude und Anlagen werden durch die Flammen zu drei Vierteln zerstört, Menschen kommen dank guter Notfallpläne nicht zu Schaden. Das sei das wichtigste gewesen, sagt Sabrina Kunz, Geschäftsführerin und Mitinhaberin der ACC BEKU GmbH. Aber wie soll es weitergehen mit der Produktion? Was ist mit den Kunden? Wird die Versicherung zahlen – wenn ja, wie viel? Und wann?
ACC BEKU GmbH ist ein gewachsenes Familienunternehmen. Im Jahr 1922 gründet Bernhard Kunz gemeinsam mit seinem Bruder in Ludwigshafen-Oggersheim eine chemische Fabrik zur Herstellung von Entlackungspasten. Später übernimmt sein Sohn Helmut Kunz die Firma, erweitert sie, beginnt in den 1980er-Jahren damit, brennbare Flüssigkeiten für andere Firmen herzustellen, abzufüllen und zu versenden. 1994 steigt Matthias Kunz ein, der Enkel des Gründers, kurz darauf auch seine Frau Sabrina. „Ich musste nicht lange überlegen“, erzählt die studierte Betriebswirtin. „Nach einigen Berufsjahren im Produktmarketing bei Coca-Cola und Swatch hatte ich ohnehin den Wunsch, selbstständig zu arbeiten.“
Natürlich waren wir schockiert. Aber wir haben sofort nach vorne geblickt: Wie kann es weitergehen? In dieser Zeit hat es uns sehr geholfen, dass die ISB uns unterstützt hat.
Die Kunzes erweitern ihr Angebot, bauen mit Unterstützung von Bürgschaften der ISB neue Hallen im nahe gelegenen Edenkoben, bieten den Kunden aus der chemischen Industrie immer mehr Services an – von einzelnen Leistungen bis zum Rundumservice. „Oft ist es so, dass ein Unternehmen ein neues Produkt entwickelt hat und erst einmal in kleinem Maßstab produzieren möchte“, erklärt Sabrina Kunz. „Das übernehmen wir dann.“ Für einen Kunden beispielsweise füllt ACC BEKU GmbH Lacke ab, mehr als 70 verschiedene Farben für Reparaturen an Autos. Für einen anderen übernimmt das Unternehmen gleich den gesamten Service: „Der Kunde vertreibt einen speziellen Schutzlack mit klebenden Eigenschaften. Für ihn kaufen wir die Rohstoffe ein, produzieren den Lack, kümmern uns um Qualitätsprüfung und Versand“, erklärt die Geschäftsführerin.
Wenn sie von den Ereignissen im Februar 2017 spricht, wird sie nachdenklich. „Wir wussten immer: Wenn man mit Gefahrstoffen arbeitet, kann man nie ganz ausschließen, dass etwas passiert.“ Die Sicherheitsvorkehrungen waren deshalb schon immer hoch, regelmäßige Übungen mit der Feuerwehr und Schulungen des Personals gehörten zum Standard. Dennoch passiert es an eben diesem Mittwoch im Februar 2017: Ein Feuer vernichtet einen großen Teil einer Halle, die gerade erst fertig geworden ist – und damit weite Teile des Unternehmens. „Natürlich waren wir schockiert. Aber wir haben sofort nach vorne geblickt: Wie kann es weitergehen?“ Dann stellt sich auch noch die Versicherung quer, will zunächst nicht zahlen. „In dieser Zeit hat es uns sehr geholfen, dass uns die ISB unterstützt hat“, erzählt Sabrina Kunz. „Sie hat unserer Hausbank durch eine Bürgschaft ermöglicht, uns ein Darlehen zu geben. So konnten wir unsere Produktion am Standort Edenkoben wenigstens anfangen zu reparieren und wieder aufzubauen, ohne auf die Zahlung der Versicherung zu warten – das hätte viel zu lange gedauert, das hätten wir kaum geschafft.“
Gut zwei Jahre ist der Brand jetzt her – es war keine einfache Zeit, aber: Es ist ACC BEKU GmbH gelungen, keinen einzigen Kunden zu verlieren. Eine neue Halle wächst derzeit in die Höhe, mit der Versicherung hat man sich im September 2018 auf eine Quotierung geeinigt, und Sabrina Kunz blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Wir sehen das jetzt auch als Chance. Wir bauen die neue Halle etwas anders als vorher, haben wichtige Details verbessert. Vor allem aber sind wir froh und dankbar, dass unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern damals nichts passiert ist.“