Den Generationenwechsel frühzeitig planen und die Nachfolge an der Unternehmensspitze regeln: Laut einer Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) gilt dies für rund 6.200 Betriebe in Rheinland-Pfalz in den nächsten Jahren. Die gründliche und frühzeitige Vorbereitung von Betriebsübergaben ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen besonders wichtig, lautete das Fazit der Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft bei der Veranstaltung „Nach mir die Sintflut? Unternehmensnachfolge“, zu der das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung und die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) nach Alzey eingeladen hatten.
In ihrem Impulsvortrag „Unternehmensnachfolge in Rheinland-Pfalz“, sagte die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke vor rund 200 Gästen: „Gerade der Mittelstand, der in Rheinland-Pfalz das Rückgrat unserer Wirtschaft ist, steht vor enormen Herausforderungen, wenn es darum geht, einen geeigneten Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. Das Wirtschaftsministerium unterstützt die Unternehmen dabei durch Beratungs- und Finanzierungsförderung. Das Allerwichtigste dabei: Weichen Sie diesem schwierigen Thema Nachfolge nicht aus. Wer früh genug mit der Suche beginnt, hat klar bessere Chancen und kann sein Lebenswerk so für die Zukunft sichern.“
„Wer ein Unternehmen übernimmt, ist fast immer ein Existenzgründer, der mit der Übernahme eine selbstständige Existenz aufbaut“, so Ulrich Dexheimer, Sprecher des Vorstandes der ISB. „Als Förderbank des Landes unterstützen wir neben komplett neuen Projekten daher immer wieder Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell, sich infolge einer Nachfolge neu auszurichten.“
Bernd Hühn, Vorstandesvorsitzender der Volksbank Alzey-Worms eG, bekräftigte: „Auch für uns als Finanzpartner des regionalen Mittelstandes ist die Nachfolge im Unternehmen ein zentrales Thema. Die Zahl der zur Übergabe anstehenden Betriebe steigt, gleichzeitig wird die Nachfolgesuche schwieriger – insbesondere, wenn sie nicht in der Familie geregelt werden kann. Das kann große Auswirkungen haben – auch auf die Geschäftsverbindung.“
Zum Thema „Fit für die Übergabe – Ökonomische Attraktivität Ihres Unternehmens“ referierte Frank Mellwig, Projektleiter in der VR Corporate Finance GmbH: „Familienexterne Nachfolgelösungen gewinnen zunehmend an Bedeutung: Mehr als jede dritte Nachfolge wird außerhalb der Familie geregelt.“
Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen und Steuerberaterin Martina Bockius diskutierten über die passende Übergabeform von Unternehmen. „Nach einer IHKErhebung ist heute knapp ein Drittel der rheinhessischen Unternehmerschaft im Alter zwischen 50 und 64 Jahren – dem Alter, in dem spätestens die Unternehmensnachfolge zu regeln wäre. Die IHK für Rheinhessen hat als erste Kammer in Rheinland-Pfalz einen ehrenamtlichen Nachfolgelotsen installiert, der Übergeber und Nachfolger möglichst frühzeitig zusammenbringt“, erklärte Jertz.
Die Gründung und Übernahme eines Unternehmens steht und fällt mit der Finanzierung des Vorhabens. Einen Überblick über die Finanzierung und Förderung für Unternehmensgründer und ihre Nachfolger gaben Ulrich Dexheimer und Armin Bork, Vorstandsmitglied der Volksbank Alzey-Worms, im Gespräch zu „Finanzen: Ihre Ansprechpartner für Übergabe, Übernahme und Neugründung“. Bork erklärte: “Man sollte sich so frühzeitig wie möglich mit dem Thema befassen und rechtzeitig planen. Außerdem ganz wichtig: Den Rat von Experten einholen.“
Zum Abschluss sprach Prof. Dr. Stefan Bieler, Abteilungsleiter BWL der Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover (FHDW), über die psychologischen Aspekte der Unternehmensnachfolge. „Ein Unternehmer muss Entscheidungen treffen, die er voraussichtlich nur dieses eine Mal in seiner unternehmerischen Karriere trifft, und hat in dieser Richtung keine oder nur geringe Erfahrungen. Es betrifft sein Lebenswerk und ist mit viel Emotionalität behaftet.“